Von innen nach außen - Struss & Claussen

Von innen nach außen - Struss & Claussen

Transkript

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00:00:01: Herzlich willkommen zu einer neuen im Kernfolge.

00:00:03: Mein Name ist Rangel Struss und ich freue mich heute noch mal einen kleinen Aspekt von Slow Work und Fast Work herauszugreifen, der mich in meiner täglichen Arbeit als Executive Coaching mehr und mehr beschäftigt.

00:00:15: Wie ihr wisst, arbeite ich viel mit High-Performern zusammen und die waren schon immer auf jeden Fall eher auf der Chaser Seite und eher schnell und auch viel unter Druck.

00:00:24: Aber ich habe das Gefühl, dass sich das noch mal potenziert hat, seit die technischen Möglichkeiten von KI auch so eine innere Erwartungshaltung noch mal ins Exorbitante gepusht haben.

00:00:36: Die Menschen, die ich sehe, die fühlen sich auch dadurch unter Druck gesetzt, dass sie denken, wenn jetzt technisch schon alles möglich ist, dann ist ja Tempo das, was früher der Welt Bewerbsvorteil von High Performance war, heute überhaupt gar nicht mehr wirklich ein Asset, sondern quasi die Mindestvoraussetzung.

00:00:51: Und das erhöht diesen inneren Erwartungsdruck an sich selbst und führt auch zu so einer beschleunigten Erwartungshaltung.

00:00:58: Also nicht nur möchte man ganz viel produzieren, sondern das dann auch noch in kurzer Zeit, um eben technische Möglichkeiten wirklich auszunutzen.

00:01:07: Dadurch kommt meines Erachtens so eine Außenorientierung zustande, also dass man sich ständig im Außen darauf konzentriert, okay, was muss ich als nächstes erreichen?

00:01:16: Der Fokus liegt immer außerhalb von diesen Menschen selbst und irgendwo in der Zukunft.

00:01:21: Das heißt, häufig sind sie sehr wenig mit sich selbst verbunden und ich... Formulier jetzt mal eine steile These.

00:01:28: Das führt meines Erachtens nicht nur dazu, dass KI, indem sie eben viele Entscheidungen und Ordnungsarbeiten oder Datenverarbeitung abnimmt, zu einer kognitiven Entlastung führt, sondern zunehmend, glaube ich, auch Menschen schlecht fühlen lässt, weil es zu einer Art kognitiven Entleerung oder so einer mentalen Verarmung kommt, weil vielleicht geistige Tiefenfertigkeiten gar nicht mehr so richtig beansprucht werden.

00:01:53: Und das merke ich in der Begegnung mit den Führungskräften häufig auch selbst.

00:01:57: Also sie sind dann nicht bereit, ihr Handy auszuschalten und sind während des ganzen Tages irgendwie total nervös, endlich quasi am Abend dann das gemeinsame Ergebnis zu formulieren und irgendwie Handlungsempfehlungen zu bekommen, was sie jetzt als nächstes machen.

00:02:11: Also ich merke, dass dieser Fokus ganz stark auf der Produktivität, auf der Erschaffensebene liegt und nicht so stark auf dieser Sinn- und Fühlebene.

00:02:20: Und das merke ich auch zum Beispiel im Interview, Also wenn ich dann bestimmte Entscheidungssituationen, die sie hatten oder Problemen, Felder, denen sie sich widmen wollen, mit ihnen gemeinsam auseinandernehmen möchte, dann ist es für die Menschen häufig schwer.

00:02:35: gedanklich oder emotional mal so einen Schritt zurückzutreten.

00:02:38: Also es geht irgendwie sehr schnell darum eine Lösung oder eine Reaktion zu besprechen, als wirklich den inneren Moment von, hey, warte mal, was passiert hier denn eigentlich wirklich aushalten zu können?

00:02:51: Man nennt das Problem Distanz, also dass man in der Lage ist, auch mal so einen Schritt zur Seite zu treten und zu verstehen, was eigentlich der Kern einer Sache ist.

00:03:00: Außerdem ist zum Beispiel das Denken über das Denken viel schwerer geworden als früher.

00:03:04: Das heißt Metacognition.

00:03:06: Also die Fähigkeit, die eigenen Gedanken und Denkprozesse zu beobachten und auch mal zu hinterfragen, um sie dann in Zukunft bewusst steuern zu können.

00:03:15: Also wenn ich zum Beispiel die Führungskräfte frage, welche Denkweise hilft dir denn generell am meisten?

00:03:20: Oder warum fallen dir bestimmte Aufgaben schwer?

00:03:23: Worin siehst du da Gründe?

00:03:25: Dann ist das gar nicht so leicht, diese Connection zum Inneren aufzubauen, um wirklich im innen die Lösung zu finden, also über mehr Reflexion, über mehr Tiefe, auch noch mehr Erkenntnis über das eigene Handeln und Sein zu erlangen.

00:03:43: Jetzt könnte man sich natürlich fragen, ja, wieso, mach doch nix, dann ist das halt so.

00:03:47: Aber ich glaube, dass diese kognitive Entleerung dazu führt, dass man bestimmte Denk- und Reflexionsfähigkeiten dann so wenig benutzt, dass sie quasi verkümmern.

00:03:59: Und auch da könnte man sich ja fragen, naja, wenn die KI das übernehmen kann, warum ist das dann wichtig?

00:04:05: Ich glaube, das ist für Führung.

00:04:07: in Zukunft besonders wichtig wird, bestimmte menschliche Fähigkeiten zu entwickeln, die der Technik ein Gegengewicht gegenüberstellen.

00:04:17: Also die eben Menschen genau zu dem Individuum in Entscheidungs- oder Lösungs- oder Produktionsprozessen machen, was sozusagen die KI gar nicht übernehmen kann.

00:04:28: diese Fähigkeiten, die da verlangt werden.

00:04:31: Das ist zum Beispiel, dass man Dinge in einen guten Kontext einordnen kann.

00:04:35: Also wenn man jetzt eine unternehmerische Entscheidung fällt, dann ist es eben für die Nachhaltigkeit dieser Entscheidung unabdingbar wichtig, dass du verstehst, okay, wie war das früher, welche Auswirkungen hat das auf das Morgen, in welchen inhaltlichen Kontext, in welchen finanziellen Kontext, in welchen persönlichen Kontext kann ich das einordnen, um halt eine Entscheidung fällen zu können, die nicht nur kurzfristig trägt oder share oder weg.

00:04:58: nach oben treibt, sollen die langfristig wertgeneriert.

00:05:02: Ich glaube zum Beispiel auch, dass es in Verhandlungen total wichtig sein wird, dass man Unsicherheit mal aushalten kann.

00:05:08: Also wenn ich zum Beispiel Unternehmerinnen oder Führungskräfte in Verhandlungen begleite, dann stelle ich fest, dass in diesen Situationen kaum noch Stille zugelassen werden kann.

00:05:19: Dass immer, wenn irgendwelche Ambiguitäten oder Unsicherheiten auftauchen, bei allen Beteiligten das un... Bedingte Bedürfnis entsteht, sofort den Sack zuzumachen und sofort eine Lösung zu finden.

00:05:32: Und ich glaube, diese Unsicherheiten mal halten zu können führt dazu, dass vielleicht unterschiedliche Perspektiven auch noch mit einfließen können.

00:05:41: Also, dass man vielleicht auch innerlich mal seine Intuition befragen kann, was eigentlich gerade im Vordergrund steht, was wirklich wichtig ist.

00:05:49: Und außerdem ist es rein verhandlungstechnisch auch nicht ungünstig, wenn man eine bestimmte Meinung desgegenübers erst mal so steht.

00:05:55: lassen kann.

00:05:55: Denn psychologisch ist es häufig so, dass wenn jemand nach einer starken Aussage mit Stille konfrontiert ist, er oder sie sich dann um Kopf und Kragen redet, was ja verhandlungstechnisch auch einen großen Wettbewerbsvorteil darstellen kann.

00:06:09: Also Außerdem, glaube ich, wird es wichtig, Beziehungen zu gestalten.

00:06:14: Also das, was uns von der Maschine unterscheidet, ist ja eben dieser emotionale Resonanzraum, die Bedeutung zu erfassen, auch im Zwischenmenschlichen, sodass Menschen, mit denen man arbeitet, vielleicht auch Lust haben, Zeit mit einem zu verbringen oder gemeinsam in Brainstormings oder so einzutauchen.

00:06:31: Also es wird ja nicht mehr darum gehen, nur noch nach Kompetenz zu fragen, denn es gibt viele kompetente Menschen und den Rest übernimmt sowieso die Maschine, sondern die entscheidenden.

00:06:39: eine Frage wird ja sein, hat man Bock mit dir zu arbeiten.

00:06:42: Möchte man dir folgen?

00:06:43: Will man sich mit dir auseinandersetzen?

00:06:44: Möchte man in deinem Energiefeld mitarbeitende Personen sein?

00:06:48: Deshalb ist es auch nicht zu vernachlässigen, die eigene Originalität zu entwickeln.

00:06:52: Also das, was dich wirklich individuell macht.

00:06:55: Dazu gehört natürlich auch, dass man sich seiner eigenen Werte bewusst ist, dass man auch abwägen kann, inwiefern Entscheidungen eigentlich mit den eigenen Werten konform gehen oder nicht, damit man auch langfristig Verantwortung übernehmen kann, die sich gut anfühlt, weil stimmig.

00:07:12: Wie du schon merkst, ist, glaube ich, dass ein Themenfeld, was nicht mit dem Spirit von Fast Work zu bewältigen ist, sondern da geht es eben darum, sich selbst Räume für Reflexion zu nehmen, mal ein bisschen zu spüren und auch wirklich einen inneren Resonanzkörper dafür zu bilden, was eigentlich gerade im Außen nicht nur verlangt wird, sondern auch los ist.

00:07:33: Und dann kann man sich jetzt natürlich überlegen, okay, wie macht man das denn eigentlich?

00:07:38: Und dafür habe ich so ein paar Ideen, die ich gerne... mit dir teilen möchte.

00:07:42: Und zwar mache ich das manchmal mit Führungskräften, dass ich sage, sie haben bei jeder Entscheidung die Auflage, die mindestens noch eine Nacht lang nicht zu verkünden.

00:07:52: Das heißt, dem unterbewussten oder unbewussten diese Entscheidung quasi zu übergeben und die da mal so marinieren zu lassen.

00:08:01: Weil manchmal, ganz ohne dass man es wirklich gesteuert merkt, verändert sich in der eigenen Einstellung was, indem man eine Weile einfach nur damit ist.

00:08:11: was das auch begünstigen würde.

00:08:13: mal mehr zu sich selbst wieder Kontakt aufzubauen, eine innere Referenz zu haben, anstatt dauernd irgendwas im Außen nachzulaufen, sind eben echte Deep Work Zeiten.

00:08:22: Also wirklich zu sagen, ich zum Beispiel habe das am Dienstag, da ist immer Deep Work Dienstag, wirklich zu sagen, okay, ich bin eben mal nicht omnipräsent, ich bin nicht erreichbar, sondern ich habe die Gelegenheit, ohne Ablenkung wirklich meinen eigenen Gedanken zu lauschen.

00:08:37: Mit Führungskräften ist es auch ganz wichtig, Rhythmuskompetenz zu trainieren, also wirklich zu verstehen, wie ist deine innere Taktung.

00:08:44: Wann sind deine produktiven Phasen?

00:08:46: Wann kannst du deshalb genau wichtige und kreative Aufgaben platzieren?

00:08:51: Und zu Rhythmuskompetenz würde nach meiner Meinung auch bedeuten, dass man wiederkehrende Tiefphasen nicht immer bekämpft, sondern einfach auch mal akzeptiert, dass es die gibt und die dann entweder für Routineaufgaben oder für Regeneration nutzt oder vielleicht auch einfach um zu reflektieren.

00:09:06: Und dazu gehört natürlich dann auch Mut, also Aufgaben entlang des inneren Tempus zu gestalten.

00:09:11: Aber ich glaube, dass man da mit eine ganz wichtige Vorbildfunktion einnimmt und vor allen Dingen auch eine hohe Anziehungskraft, nicht nur als Person, sondern auch als Arbeitgebende hat.

00:09:20: Und ja, zu KI, also ist, glaube ich, wichtig, einen ganz bewussten Einsatz von KI zu trainieren, also den Output eher als Input zu nutzen und damit dann weiterzuarbeiten, als alles sofort fürbare Münze zu nehmen, also auch hier einen Raum aufzumachen zwischen Ergebnisproduktion und Ergebnisweitergabe, in dem man vielleicht noch mal ein bisschen nachdenken kann.

00:09:42: Und ja, vielleicht so ganz einfach und pragmatisch kannst du dir mal vornehmen, einen drei ... Tätigkeiten Tag zu machen, also dass du wirklich nur drei wesentliche Aufgaben auf deinen Zettel nimmst.

00:09:55: Du könntest auch mal Meetings ohne Screens gestalten, sodass Menschen eben gar nicht in die Versuchung kommen auf den Bildschirm zu gucken, sondern Beziehung neu und anders gestalten und vielleicht auch aktiver dann zuhören, wenn sie eben keine Ablenkung haben.

00:10:09: Und was ich auch häufig mache mit meinen Klienten ist, dass es eine Journaling-Praxis zur inneren Uhr gibt.

00:10:16: Also wirklich abends mal zu überlegen, wann war ich denn heute wirklich synchron innerlich mit meiner Tätigkeit und wann habe ich mich treiben lassen, also im Sinne von getrieben zu sein, nicht einfach so relax treiben zu lassen.

00:10:28: Und nicht nur die Frage dann, was habe ich heute entschieden, sondern wie kam ich zu dieser Entscheidung, also diese Reflektionsfähigkeiten wieder zu trainieren.

00:10:38: Also was möchte ich damit sagen?

00:10:39: Ich stelle fest, dass Führungskräfte sich mehr und mehr getrieben fühlen und dadurch insofern leiden, als sie überhaupt keine Zeit mehr haben, mal mit sich selbst Kontakt aufzunehmen und dort eben in diesem inneren Dialog die zukunftsrelevanten Eigenschaften und Kompetenzen zu entwickeln und zu vertiefen.

00:10:55: Und deshalb möchte ich doch ein kleines Plädio... jeder verhalten, dass jeder, der jetzt zuhört, vielleicht mal überlegt, wie er selbst kleine Inseln des Slowworks in seiner tagtäglichen Routine einbauen kann.

Über diesen Podcast

Alle paar Wochen nehmen sich Ragnhild Struss und Johann Claussen Zeit zum Deep Dive vor den Podcast-Mikros: Gemeinsam mit Interviewerin Jalée Grau diskutieren sie die großen Fragen der Persönlichkeitsentwicklung, Job- und Lebensplanung:

Was hat Geduld mit Erfolg zu tun? Wie entsteht ein gesunder Selbstwert? Was bedeutet es, wenn ich nie zufrieden bin? Wie finde ich einen Job, der wirklich zu mir passt?

In einer Mischung aus theoretischem Wissen und praktischer Erfahrung gehen die Podcast-Hosts menschlichen Verhaltensmustern auf den Grund, hinterfragen innere Überzeugungen und beleuchten die Macht des Unbewussten. Denn – so ihre Überzeugung und das Motto ihres Unternehmens Struss & Claussen Personal Development: Alles beginnt im Innen.

Viel Spaß und Inspiration beim Hören!

Feedback, Anregungen und Themenwünsche nehmen wir gerne per Mail entgegen an voninnennachaussen@strussundclaussen.de.

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von und mit Ragnhild Struss und Johann Claussen

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